Geht es auch ohne Windel? Wie funktioniert windelfrei?

Geht es auch ohne Windel? Wie funktioniert windelfrei?

Geht es auch ohne Windel? Wie funktioniert windelfrei?

Lisa Marie ist Mama von drei Kindern. Ihr Jüngstes hat sie bereits mit wenigen Wochen einfach "abgehalten". Ihr Baby trägt selten Windeln. Wenn sie mit anderen Mamas zusammen ist besteht sofort Gesprächsbedarf - sie stellt sich gerne den Fragen der anderen Mamas zum Beispiel in ihrem fitdankbaby®-Kurs. "Viele haben schon von dem Begriff Windelfrei gehört, können sich aber gar nicht vorstellen, wie das in der Praxis funktioniert", erzählt Lisa Marie. "Dabei ist es eigentlich total simpel!" Diese sehr alte Methode kommt immer mehr zu uns zurück. Windelfrei ist das, was schon lange vor den heutigen Windeln praktiziert wurde. Um (werdenden) Eltern dieses natürliche Verhalten zu erklären und Ängste zu nehmen, gibt es Windelfrei-Coaches wie Nadine Weikum. Die Physiotherapeutin aus Sachsenhagen hat mittlerweile ein umfangreiches Beratungsangebot rund um Baby´s Bedürfnisse (Stoffwindelcoach, Schlafcoach...) und bietet auch fitdankbaby®-Kurse an. Auch ihre eigenen vier Kinder trugen nahezu keine Windel. 

Was bedeutet windelfrei eigentlich? Wirklich keine Windel?

Geht es auch ohne Windel? Wie funktioniert windelfrei? "Windelfrei" ist eigentlich ein sehr irreführender Begriff. Er bedeutet nur, dass du deinem Kind die Möglichkeit gibst, auch außerhalb der Windel auszuscheiden. Egal ob nur zuhause oder überall, immer oder nur wenn es grade passt, ergänzend mit Stoffwindeln, Wegwerfwindeln oder extra Windelfreiwindeln. Alles ist erlaubt, solange es zu euch passt. Viele verwenden den Begriff "teilzeitwindelfrei", damit wir deutlicher, dass ihr Kind auch mal Windeln trägt. Jedoch kann man jede Form von Abhalten als windelfrei bezeichnen. Nadine Weikum benutzt gerne das Wort "Töpfchenteamwork" - das sei viel zutreffender als windelfrei.

"Ich habe schon sehr oft gehört, dass Omas und Opas mit dem Begriff nichts anfangen können. In der Praxis kam dann aber raus, dass sie genau dasselbe früher auch schon so gemacht haben. Es hatte nur keinen Namen", berichtet Nadine.

 

Warum windelfrei? Vor-/Nachteile.

Zwei Nachteile sieht Windelfrei-Beraterin Nadine: Dass viele es gar nicht erst versuchen. Und, dass viele Eltern sich zuviel Druck machten. Denn das Wort windelfrei vermittele eben den Eindruck, komplett auf Windeln zu verzichten. Doch dieses Vorhaben sorge für Frust auf Seiten der Eltern und der Kinder. Am Ende hätte keiner etwas davon. Sie empfiehlt daher: "Lieber eine Windel nutzen und nur, wenn die Situation passt oder die Eltern die Ruhe und Geduld haben, windelfreie Zeiten im Alltag einbauen. Alles ist erlaubt - daher kannst du auch nichts falsch machen. Für dein Kind reicht es, wenn du es zwei Mal in 24 Stunden abhältst. Also z.B. morgens nach dem Aufstehen und mittags nach dem Mittagsschlaf. Das reicht schon, damit dein Kind positiv davon profitiert und sich die Wahrscheinlichkeit, dass dein Kind früher trocken wird, erhöht. Wenn du dein Kind öfter abhältst, sparst du Windeln und somit auch noch viel Geld. Zudem landet das große Geschäft am zuverlässigsten im Töpfchen." Es gibt also genug Gründe, es einfach mal auszuprobieren.

Auch Lisa Marie sieht vor allem die Vorteile: Die Kinder lernen schon sehr früh einen gesunden Umgang mit ihrem Körper. Sie lernen auch, sich mitzuteilen und fordern ihre Bedürfnisse ein. Außerdem konnten wir bei Kind Nr. 3 feststellen, dass durch das regelmäßige Abhalten und die damit verbundene Haltung die Koliken viel besser wurden. "Uns ist es sehr wichtig, dass dies alles komplett ohne Druck vonstatten geht und immer absolut freiwillig sein soll. Keines unserer Kinder wurde je gezwungen auf die Toilette zu gehen oder gar bestraft, falls es (wieder) einmal eine nasse Windel bzw. später Hose gab", berichtet Lisa. "Komplett windelfrei konnten bzw. können wir uns aber auch heute noch nicht vorstellen, da es natürlich auch mit mehr Aufwand (Wäsche,...) verbunden ist."

Wie ist deine Erfahrung mit den Müttern, Nadine?

Geht es auch ohne Windel? Wie funktioniert windelfrei?Die Mamas sind meistens ganz begeistert und erstaunt, dass es wirklich klappt. Viele können sich gar nicht vorstellen, dass es funktionieren kann. Das hat auch damit zu tun, dass immer noch überall erzählt wird, dass Kinder erst nach dem zweiten Geburtstag trocken werden können. Diese Info ist aber schlicht falsch formuliert. Es müsste heißen, dass Kinder unter zwei Jahren nicht alleine trocken sein können. Denn unsere kleinen Babys brauchen halt unsere Hilfe. Windelfrei kann aber vom ersten Tag an klappen. Am einfachsten ist der Start in den ersten drei Lebensmonaten. Denn da sind die Kinder noch nicht so sehr mit dem Entdecken der großen Welt beschäftigt. Im Grunde ist aber jedes Alter für den Start möglich. Umso älter sie werden, umso eher haben sie nur manchmal keine Lust bei dem mitzumachen was wir Erwachsenen da vorhaben. Auch Lisa ist erst auf die Thematik gestoßen, als ihr zweites Kind etwa neun Monate alt war.

Lisa Marie, wie bist du dazu gekommen, deine Kinder abzuhalten?

Wir machen nicht 100 % windelfrei also komplett ohne Windel, sondern wir verwenden Stoffwindeln und halten nach Möglichkeit ab. Abhalten heißt in diesem Fall, dass wir, wenn sich unser Kind bemerkbar macht, ihr die Chance geben ihre Blase bzw. ihren Darm anderweitig als in der Windel zu entleeren. Wir haben drei Kinder und hatten uns bis zur Geburt von Kind Nr. 2 noch gar nicht mit dieser spannenden Thematik auseinandergesetzt. Ich habe mich erst umfassenden mit dem Thema Windelfrei befasst als unser Sohn 9 Monate war.

Ein ausschlaggebendes Ereignis dafür war, dass unser Sohn im gemeinsamen Familienurlaub nachts recht unruhig geschlafen hat und sich trotz mehrmaligem Stillen und Kuscheln nicht beruhigen ließ. Als ich ihn dann wickeln wollte stellte ich jedoch fest, dass seine Windel komplett trocken war. Intuitiv ging ich mit ihm ins Bad und hielt ihn mit angehockten Beinen über die Badewanne. Erleichtert und mit einem Lächeln im Gesicht pinkelte er plötzlich in die Badewanne. Anschließend gingen wir wieder in Bett und morgens war die Windel noch immer trocken. Ab diesem Zeitpunkt probierten wir, sobald er unruhig wurde, ob er nicht sich erleichtern (klein, aber auch groß) musste.

Auch nach der Geburt unseres dritten Kindes war Windelfreisein bzw. Abhalten kein Thema - jedenfalls zu Beginn. Ich dachte mir, dass unser Sohn da sehr speziell war und er eher eine Ausnahme war. Als unsere Jüngste aber bereits mit einem Monat genauso unruhige Phasen wie unser Sohn damals mit neun Monaten hatte, probierten wir aus, auch sie über der Badewanne oder auch dem Waschbecken abzuhalten. Überrascht durften wir feststellen, dass auch sie nur ungern einnässt bzw. einkotet und sie es regelrecht herausgefordert hat, eine für sie passende Alternative angeboten zu bekommen. Also haben wir uns informiert und das Abhalten regelmäßig praktiziert. Inzwischen ist unsere jüngste Tochter 19 Monate alt und teilt uns nun mehrmals täglich mit wenn sie „Lulu“ (pinkeln) oder „Gaga“ muss.

Zeigt dir dein Baby, dass es "mal muss"?

Geht es auch ohne Windel? Wie funktioniert windelfrei? Ich habe schon oft davon gehört, dass es Eltern (besonders Mütter) gibt, welche für die Signale ihrer Babys besonders sensibel sind. Kind 2 und 3 zeigten mir durch unruhiges und oft quengeliges Verhalten, dass sie mit der aktuellen Situation nicht zufrieden waren. Uns wurde recht schnell bewusst, dass dieses Verhalten hauptsächlich dann auftrat, wenn sie sich erleichtern wollten. Aber wir konnten darüber hinaus keine besonderen Verhaltensmuster erkennen, welche uns darauf hingewiesen hätten, dass das Kind jetzt das Bedürfnis hat zu pinkeln. Jedoch war es für uns fast immer eindeutig, wenn eines unserer Kinder groß musste und wir konnten meistens darauf eingehen und dementsprechend reagieren. Das große Geschäft wurde oft durch kurzes Luft anhalten, leicht gerötetem Kopf und verbalen „aaah“ Geräusch als Folge des anstrengenden Pressens gezeigt.

Wie kann ich das ganze anfangen?

Nadine weiß Rat: "Euer Töpfchenteamwork ist wirklich kein Hexenwerk. Starte doch einfach mal damit, dein Kind über ein Töpfchen oder die Toilette zu halten, wenn du sowieso wickelst. Oder du hältst ab, wenn dein Kind gerade aufgewacht ist. Nach dem Schlafen muss jeder aufs Klo und das kannst du einfach ausnutzen."

"Ich denke, dass es jeder einmal vorurteilsfrei probieren und sich dazu seine eigene Meinung bilden sollte", empfiehlt Lisa Marie. "Und wenn du dir unsicher bist, kannst du auch eine spezielle Windelfrei- oder Stoffwindelberatung aufsuchen."

Was macht eigentlich ein Windelfreicoach/eine Stoffwindelberaterin?

So macht es Nadine: "Du bekommst bei einer Beratung genau die Infos die du brauchst. Egal ob allgemeine Erstinformation oder speziell zugeschnittene Hilfestellung zu deiner Situation oder konkreten Frage. Wenn du zu mir kommst, dann sprechen wir erstmal darüber, was du möchtest und wie du dir das mit dem Windelfrei und den Stoffwindeln vorstellst. Dann zeige ich dir, welche Möglichkeiten du hast und was zu dem Alltag deiner Familie am besten passt. Ich habe immer ganz viele Dinge zum Anschauen und Anfassen dabei wie zum Beispiel unterschiedliche Stoffwindelmodelle. Bei mir bekommst du eine markenunabhängige Beratung. Ich kläre alle deine Fragen und stehe dir nach der Beratung auch weiter zur Seite, wenn es nochmal schwierig wird."

Titelbild: iStock.com/naumoid

Restliche Bilder: Nadine Weikum